Dienstag, 17. Juni 2008

15.10.66

'Europas größter Militärskandal seit dem Kriege' (so ähnlich wurde die Affäre Panitzki, Trettner einmal genannt) hat weniger Folgen gehabt, als man vielleicht angenommen hätte. v. Hassel hat ihn jedenfalls trotz weiteren Angriffen der SPD (Schmidt/Hamburg hatte schon lange seinen Rücktritt gefordert) gut überstanden. - Inzwischen ist aber Erhards Position sehr wankend geworden. Schon lange warf man ihm sein Zaudern und seine Tatenlosigkeit vor. Jetzt hat das auch auf die CDU übergegriffen. Scharfe Angriffe kamen von Barzel und Strauß. Die FDP droht damit, die Koalition aufzulösen. In dieser Situation hat es nun einen Vorabdruck aus einem Buch über Deutschlandpolitik des stellvertretenden SPD-Vorsitzenden und Vorsitzenden des gesamtdeutschen Ausschusses Herbert Wehner gegeben. Darin fordert dieser: weitgehende wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der Zone in Art einer "Deutschen Wirtschaftsgemeinschaft" (nachträglich als Arbeitsbegriff bezeichnet.), Hinterlegung von gegenseitigen Gewaltverzichtserklärungenan einer dritten Stelle. (UN oder ein Gremium von Staaten mit u.a. den vier Mächten), überhaupt Verhandlungsbereitschaft bei Beibehaltung der 'salvatorischen Klausel', wonach die Verhandlungspartner sich gegenseitig nicht in ihrem Selbstverständnis anerkennen. Verhhandlungen dieser Art seien ungefährlich, denn 'zur Anerkennung könne man nicht überlistet werden', zur Anerkennung gehöre Absicht. -
Heute habe ich ihn dazu in einem Interview mit dem Hessischen Rundfunk gehört. Manches Mal erschien er mir gar zu erregt, als daß man ihm ohne weiteres glauben könnte, sein Buch sei in nüchterner Abschätzung möglicher Gefahren geschrieben. Freilich kann man dem Wortsinn nach niemanden anerkennen, ohne die Absicht dazu zu haben, aber es könnte ja auch das Stadium eintreten, wo eine solche ausdrückliche Anerkennung überflüssig wäre, weil [sie] im praktischen Handeln schon erreicht und Wirklichkeit geworden ist. -
Fast jeder in Westdeutschland drängt jetzt auf Aktivität in der Deutschlandfrage. "Es muß etwas geschehen, aber was?"
Wehner kann sich solche Vorstellungen wohl auch nur als Oppositionsmitglied leisten. Denn, obwohl auch ich Aktivität um einen hohen Preis möchte, die Verantwortung für ein solches Vorgehen wäre mir doch etwas groß. Daher zeigt sich wohl auch bei allen Deutschlandpolitikvorschlägen und auch bei Wehner, so wie er ihn nachträglich kommentiert hat, der Zug zur 'Politik der kleinen Schritte' und damit zur sukzessiven Verantwortung.
Ich bin von meiner Seite unbedingt für den Abbruch des Vietnamkrieges. Trotzdem weiß ich nicht, ob ich ihn als amerikanischer Präsident auch abbrechen würde und würde die Verantwortung für den Abbruch nur ungern tragen. (Allerdings lieber als für die Weiterführung.)
Ostasienreise Johnsons. Heute Manilakonferenz eröffnet. (Sie solle dem Frieden dienen.) Nordvietnam: "Kriegsrat der USA mit ihren Lakaien".

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